Die Sehnsucht nach dem Eis - Unterwegs in Ostgrönland (I)
Vor vielen Jahren las ich in einem Grönlandreiseführer folgenden Satz:
„Es gibt einen Moment, an dem die Sehnsucht nach dem Eis beginnt“.
Das liest man, denkt sich nichts weiter dabei bzw. glaubt: „Mich wird es schon nicht erwischen“.
Und dann traf mich genau dieser Moment völlig unvorbereitet und mit voller Wucht.
Es waren gerade mal 30 min nach unserer Ankunft in Kulusuk (Ostgrönland) vergangen. Ein kleines Motorboot brachte uns ins Richtung Tasiilaq, wo unsere Zelt – und Wandertour beginnen sollte. Als wir um eine Landzunge bogen sahen wir ihn – den ersten, riesigen im Meer schwimmenden Eisberg – majestätisch und voller erhabener Schönheit.
Seitdem hat sie mich nicht wieder verlassen – die Sehnsucht nach dem Eis.
Zwei weitere Grönlandreisen mussten als Therapie herhalten. Weder eine Tour von Svalbard zu den Fjorden Ostgrönlands, noch die atemberaubende Eisberg Kulisse des Sermeq Kujalleq Gletschers bei Ilulisaat in Westgrönland brachten den gewünschten Erfolg.
Nun, vielleicht würde eine vierte Reise die ersehnte Heilung bringen?
Eine Therapie von der Art, bei der man dem Eis über längere Zeit ganz nah ist? Könnte es vielleicht auf diese Weise seinen Zauber verlieren?
Vermutlich gibt es keine bessere Art der Annäherung, als von Bord eines Segelschiffes– langsam und leise, um die laute Stille der Arktis mit allen Sinnen spüren zu können. Einen Versuch war es wert und so begaben wir uns Ende August gemeinsam mit 23 anderen Passagieren – unter ihnen vermutlich auch einige Eissüchtige - an Bord der Rembrandt van Rijn, um den Scoresbysund (dazu mehr in einem späteren Beitrag) in Ostgrönland zu erkunden.
Die Rembrandt - ein Motorsegler, dessen Rumpf immerhin schon fast 100 Jahre alt ist, hat nichts mehr mit dem alten Heringslogger, der er in seinen ersten Jahren war, gemein. Heute dient der mehrfach umgebaute Dreimaster als Expeditionsschiff für Touristen und Basislager für Wanderungen, bevorzugt im hohen Norden. Fast schon luxuriös erschien uns die Messe und behaglich die kleine Kabine, die für die nächsten 11 Tage unser zu Hause werden sollte.
Nicht, dass wir uns lange unter Deck aufhalten würden – schließlich wollten wir Eisberge sehen, die vor der Kulisse der bis zu 2000 m hohen, aus den Meer aufragenden Bergen ihren großen Auftritt haben sollten.
Am besten anzusehen in der Morgendämmerung...,
im Licht der aufgehenden Sonne...,
tagsüber bei gutem...
oder weniger gutem Wetter,
zum Sonnenuntergang und zur blauen Stunde.
Also immer!
Wenigsten nachts kann man ja dann schlafen!
Oder auch nicht...
Bereits der erste Eisberg unserer Tour hatte mit dem aufgehenden Blutmond einen spektakulären Partner.
Wir sahen Monumente aus Eis, die das Licht der Morgendämmerung in zarten Pastelltönen leuchten ließ,
mystische Wesen und Märchenschlösser;
Wir bewunderten gewaltige Tore aus Eis, bei deren Anblick jeder Baumeister vor Neid erstarren würde...,
und düstere Gestalten, die sich in einen komplett schwarzen Mantel aus jahrhundertealter Vulkanasche hüllten.
Manchmal gab der Nebel, der sich über Nacht auf den Fjord gelegt hatte, die Schätze aus Eis nur zögernd preis - riesige Blöcke und bizarre Gebilde, geformt aus Schnee, der vor vielleicht 10 tausend Jahren gefallen war- um sie dann im Gegenlicht der gleißenden Sonne als dunkle Silhouetten am Horizont vorbei ziehen zu lassen.
Das Fazit der Reise? Die Therapie war leider nicht erfolgreich ;-)!
Die Sehnsucht ist nicht gestillt...
Schuld daran ist nicht allein das Eis, sondern, auch die von Leguan Reisen im Vorfeld perfekt organisierte Tour, die einzigartige, internationale Crew der Rembrandt und natürlich unsere Expeditions - Guides Jordi und Christian! Ihr habt es uns ermöglicht, die faszinierende Landschaft des Scoresbysund von seiner allerbesten Seite und mit allen Sinnen zu erleben.
Herzlichen Dank dafür! …